Hamlet in Heidelberg
Hamlet in Heidelberg
"Time was out of joint" für unsere Kursstufe, wenngleich die Zeit der Elftklässler anders aus den Fugen war, als für Hamlet, der den Tod seines Vaters rächen und damit die Ordnung im Staate Dänemarks wiederherstellen sollte. Während Shakespeares Held sich mit Zeiten geänderter Machtverhältnisse auseinanderzusetzen hat, waren nicht alle Elftklässler damit einverstanden, dass die Fahrt zum Theater-Workshop zwei Stunden länger als der normale Schultag dauern sollte.
Kein leichter Stand also, den die Londoner Butterfly Theatre Copany mit ihrem Theater zum Anfassen auf der Tiefburg in Handschuhsheim hatte! An "Shakespeare-Liebhaber und Theatermuffel" richtete das Deutsch-Amerikanische Institut seine Veranstaltung, die anlässlich des - vermutlich, genau weiß man dies nicht - 450. Geburtstags des großen englischen Dramatikers ins Programm genommen wurde.
Wer noch statt Neigungsfach "Leistungskurs" sagt, der wird sich vielleicht mit Schrecken an Wochen des sturen Shakespeare-Lesens erinnern. Vorzugsweise "Macbeth" - das ist schön kurz. Blankvers mit fünfhebigen Jamben, der eine oder andere Tetrameter ... es war schon gut, dass die Theaterleute unseren Elftklässlern die Elisabethanische Sprache zunächst anhand der ersten Szene nahebrachten (eine sehr launige Übertragung des Shakespeare- ins moderne Englisch finden Sie übrigens auf "No Fear Shakespeare"). Vielleicht nicht gerade die spannendste Stelle im Stück - aber ein bisschen Gruselpotenzial brachte der Geist von Hamlets verstorbenem Vater durchaus mit. Obwohl die Schüler bereits wussten, dass der König von Dänemark einem Giftanschlag seines Bruders zum Opfer gefallen war: Frau Wetter hatte im Vorfeld mit der Hamlet-Interpretation von den "Wise Guys" den Kursen eine augenzwinkernde Zusammenfassung der Ereignisse geliefert.
So eingestimmt, zeigten sich unsere Elftklässler auch gut gelaunt bei den Aktionen der englischen Theatertruppe. Im Workshop schulte diese mit theaterpädagogischen Übungen - und viel Lachen aller Beteiligten - Gestik, Mimik und Körperhaltung unserer Jugendlichen. Auch die Erarbeitung von Hamlets Gefühlslage ("Imagine you're coming home from university and your father is dead.") über Stellbilder ist unseren Schülern methodisch ja nicht neu und funktionierte daher gut.
Und dann war es endlich so weit! Im tollen Setting der Tiefburg nahmen die Schülerinnen und Schüler hautnah teil am inneren und äußeren Kampf von Prinz Hamlet um seine Stellung im Staat. Oder an der Zerrissenheit eines Humanisten angesichts von Verrat, Mord und Intrigen. So gesehen steht die Unmittelbarkeit der Aufführung für die Aktualität von Shakespeares Tragödie: auch unsere Zeit kennt Verbrechen an der Menschlichkeit aus nächster Nähe, auch unsere Zeit reagiert oft ratlos und zaudernd.
Ob sich für unsere Elfer das "Nachsitzen" gelohnt hat? Wir finden ja! Und wenn es für manche die einzige Shakespeare-Inszenierung bleiben sollte, die sie besucht haben werden, dann bleibt diese Aufführung sicher lange in ihrem Gedächtnis! Vielen Dank, Frau Wetter, für diese Exkursion.







